Am 16. September sind wir von zuhause abgefahren. Ich weiß das Datum deswegen noch so genau, weil wir uns in den Tagen vorher im Fernsehen die Filme über den 11. September 2001 angeschaut hatten. Chefin und Boss hatten aus irgendwelchen Gründen diesen Tag abwarten wollen. Danach hatte es noch fünf Tage gedauert, ehe wir einen Fährplatz bekommen konnten. Also das mit dem 11. September war schon ein Ding. Ich hatte ja nun schon Flugzeuge auf dem Flugplatz in der großen Stadt gesehen, aber dass die in so große Häuser hineinfliegen würden, hätte ich nicht für möglich gehalten. Außerdem erzählte uns Kyra, dass sie im Fernsehen dauernd von einem neuen Krieg im Nahen Osten sprachen. Und genau dahin wollten wir ja, wobei ich von Kyra nur soviel wusste, dass sich die Menschen im Krieg gegenseitig tot schießen, meistens ohne Grund. Die Chefin wollte aus Sicherheitsgründen noch ein paar Tage abwarten um zu sehen, was nun wirklich abginge. Jedenfalls sind wir am 16. September, einem Montag losgefahren, weil gerade doch kein Krieg war, und weil der Boss unbedingt fahren wollte. Die Fahrt ging zuerst zum großen Hafen, zu Aris Heimat. Von dort aus fahren viele große Schiffe ab, in alle Welt wie mir scheint, denn dort gab's wirklich so viele Menschen, wie ich es vorher noch nie gesehen hatte. Die Menschen sprachen ganz verschiedene Sprachen und schienen sich alle dort zu versammeln, weil sie mit einem Schiff irgendwohin fahren wollten.
Irre! Unser Schiff fuhr abends ab. Wir konnten also einige Stunden lang den Hafen erforschen. Schade nur, dass es dort so wenig Grün gab. Alles Asphalt und Beton! Und viele, riesige Schiffe, noch mehr als in dem anderen Hafen. Kurz vor sechs Uhr fuhren wir an Bord unseres Schiffs. Chefin und Boss verschwanden irgendwohin, wahrscheinlich zum Essen. Wir Hunde mussten im Auto bleiben, wo es ziemlich stickig und warm war. Gott sei Dank hatte der Boss die Lüftung angestellt. Ich glaube, wir wären sonst erstickt bei der Hitze. Das Schiff fuhr fast die ganze Nacht, und wir machten uns schon Sorgen, wo denn unsere Menschen blieben. So gegen nachts um drei kamen plötzlich Chefin und Boss wieder zu uns ins Auto. Wir waren heilfroh, dass sie wieder da waren und noch froher, dass wir aus dem Schiff raus fahren konnten. Wir waren auf einer Insel, weit weg von Zuhause. Es war noch immer Nacht, deshalb fuhren wir nicht sehr weit. Chefin und Boss wollten noch eine Weile schlafen. Schade, Lara und ich waren gerade so richtig in Fahrt zum Toben. Doch nach einem kleinen nächtlichen Rundgang hieß es zurück in den Bus, noch ein paar Stunden Ruhe. Nun, so richtig geschlafen hab ich nimmer. Ich war vorne bei der schnarchenden Tante Kyra und schaute die meiste Zeit zum Fenster hinaus. Ich sah, wie die Sonne langsam im Osten aufging, sah in der Ferne die Autos, die am Meer entlang fuhren und freute mich auf den Tag. Mit ein paar kräftigen Hundejodlern schaffte ich es schließlich, alle aufzuwecken und zum Frühstück zu zwingen. Schließlich hatte ich nach der anstrengenden Nacht im Schiff Hunger, und ich war mir sicher, Lara auch.
Das Frühstück war zwar etwas dürftig, angeblich weil Lara zu fett sei, aber immerhin, besser als gar nichts. Chefin und Boss frühstückten dagegen wie immer ausgiebig. Ich fand es ziemlich fies, dass wir daneben sitzen mussten ohne mitessen zu dürfen. Mir hätte ein morgendliches Käsebrot oder eine Marmeladebrot auch geschmeckt. Aber so sind sie halt nun mal die Menschen, manchmal gibt es total gutes Essen, ein andermal sind sie nicht bereit auch nur ein einfaches Frühstücksbrot mit unsereins zu teilen. Nach dem Frühstück fuhren wir los um die Insel zu erkunden. Die Insel war zwar recht schön, die Straßen genau so eng und verwinkelt wie sonst wo in Orangenland, doch bei uns zuhause war's noch schöner. Dort war alles viel harmonischer. Die Insel hieß übrigens Chios, und ich hatte zuerst Chaos verstanden, das hätte vielleicht besser gepasst, vor allem, wenn man den Autoverkehr in dem gleichnamigen Ort beobachtete. Dort sind die Straßen nämlich so schmal, dass unser Bus kaum mehr durchkam. Dennoch fuhren die anderen Autos in alle Richtungen gleichzeitig. Wir fuhren fast den ganzen Tag rum, mindestens so chaotisch wie die Griechen. Mehrfach kamen wir an die gleiche Kreuzung, und weder Chefin noch Boss schienen es zu merken, dass sie im Kreis fuhren. Was haben die bloß für einen Orientierungssinn? Aber vielleicht ging auch das GPS nicht mehr.
Natürlich wurde es mir wegen den vielen Kurven wieder richtig schlecht, so dass ich kotzen musste. Die Folge war, wir hielten an einer Bucht an um mich zu baden und um die nun dreckigen Hundeleintücher auszuwaschen. Der Boss nahm die Gelegenheit wahr, um den Bus mit Hänger am Strand festzufahren. Ich glaube, er wollte gar an dem Platz übernachten, weil der ihm so gut gefiel. Doch nach dem Festfahren schien er keine Lust mehr zu haben, die schöne, geruhsame Bucht zu genießen. Meine Güte, hat der geflucht. Unsere Menschen haben zwei Stunden geschaufelt und geschwitzt und sogar die Hilfe von einem Einheimischen in Anspruch genommen, ehe sie endlich den Bus wieder frei hatten. Am meisten Mühe hat es gekostet, den Anhänger rumzudrehen, denn die Auflaufbremse des Hängers hing fest. Wir waren alle froh, als der Bus endlich wieder frei war, und ich war ganz besonders froh, weil ich ja eigentlich schuld an der Misere war. Bis zum Abend hatten wir allerdings eine andere schöne Bucht gefunden, in der das Auto nicht im Kies einsank. Dort blieben wir auch den folgenden Tag, machten schöne Fotos und gutes Essen. Erst am Abend fuhren wir zurück in die Stadt Chios, um dort zu übernachten und auf ein Schiff zu warten, das uns in die Türkei bringen würde. Ich durfte abends mit zum Essen gehen, hab aber gleich gemerkt, dass es weder der Chefin, noch dem Boss sonderlich gut geschmeckt hat.
Am Morgen fuhren wir schon früh zum Hafen. Dort wartete ein ganz kleines Schiff auf uns, auf das unser Auto mit Hänger mal gerade so hinaufpasste. Zwei Stunden später waren wir in der Türkei, in völligem Neuland. Nur Tante Kyra war – natürlich – schon mal da gewesen und rümpfte etwas abfällig die Nase. Ihr konnte man wirklich fast nichts Neues mehr bieten bei all den Reisen, die sie schon gemacht hatte. „Sie fahren eine andere Strecke als das letzte Mal“, sagte sie. „Da wird's dieses Mal vielleicht doch nicht so langweilig werden“. Lara und ich dagegen waren begeistert. Türkei, Türkei, neues Land, neue Sitten, türkische Hunde. Wir beschnüffelten die Hafengebäude und Zollanlagen. Lara und ich waren von der Seeluft hungrig. Aber leider gab es dort am Hafen kaum Abfall, also nichts, was man so auf die Schnelle und, ohne dass es die Chefin merkte, verspeisen konnte. Es war wirklich erstaunlich sauber dort. Auch trafen wir dort einen jungen Hund, so in unserem Alter, mit dem wir uns ein wenig unterhielten. Der junge Hund, er hieß, wie könnte es anders sein, Mustafa, erzählte uns in internationaler Hundesprache, dass er beim Zollamt angestellt sei und dort eine Ausbildung als Zollhund machen wolle. Er hätte zwar noch die Aufnahmeprüfung vor sich, sei aber sehr zuversichtlich. Wir hörten andächtig zu als er anfing von den Abenteuern der türkischen Zoll- und Polizeihunde zu erzählen, wie sie Schmuggler schnappten und unerlaubte Grenzgänger. Onkel Ari hielt sich zurück. Als traditioneller Orangenländer hatte er so seine Vorbehalte gegenüber den türkischen Hunden und noch mehr gegenüber den türkischen Behörden.
Onkel Ari war froh, als wir endlich durch den türkischen Zoll waren und nach einem Geldumtausch, in der Türkei geht nicht viel mit Euro, endlich wieder „on the road“ waren. Die Straßen waren breit, eben, und man konnte richtig zügig fahren. Chefin und Boss wechselten sich ab, aber wir fuhren nicht sehr weit. Nach vielleicht zwei Stunden waren wir schon in Ephesos, einem uralten Ort mit noch urälteren orangenländischen Ruinen, modernen Omnibussen und jeder Menge Touristen. Wir durften mal wieder den Bus bewachen, während Chefin und Boss mit einer Pferdekutsche davon fuhren um die Ruinen zu erkunden. Es dauerte lange bis sie wieder zurückkamen. Dieses Ephesos musste ganz schön groß sein. Doch schließlich fuhren wir weiter, ohne dass wir Hunde auch nur einen Blick auf dieses kulturhistorische Monument werfen konnten, und ohne dass Onkel Ari auch nur eine Ecke davon hatte anpinkeln können. Ich nahm mir vor, diese Ungerechtigkeit irgendeinmal dem internationalen Hundeschutzverein zu melden, sofern es so einen überhaupt gab.
Gegen Abend waren wir an einer anderen Kulturstätte, Aphrodisias. Da hatten wir nun Gelegenheit, wenigstens den äußeren Kulturgürtel zu betreten, zu beschnüffeln und unsere „Markierungen zu setzen“ wie Tante Kyra zu sagen pflegte. Auch Aphrodisias war ziemlich groß. Wir blieben auf dem Parkplatz vor der Anlage über Nacht stehen, machten einen schönen Spaziergang, auf dem wir ein paar ganz wilde Hundegesellen trafen, die uns zunächst heftigst verbellten. Als Tante Kyra dann aber in Erscheinung trat, verschwanden sie mit eingezogenem Schwanz im Gebüsch. Ich will bloß mal wissen, wieso die alle vor Tante Kyra so Respekt haben. OK, Onkel Ari hatte erzählt, Kyra könne ganz böse keifen und zwicken und ein paar Mal haben wir das auch selber schon erfahren. Sie hat aber nie fremde Hunde angegriffen oder so. Immer sind die vorher schon abgehauen. Allerdings wusste Onkel Ari von einem Kampf mit dem Hund vom Chefinvater, und den hatte Kyra wohl mächtig vermöbelt, so dass der auf ewig vor ihr Respekt hatte. Ich glaube, es ist einfach das Erscheinungsbild von unserer Tante, das die anderen Hunde so verängstigt. Sie ist eben schwarz wie die Nacht, hat einen riesigen Kopf und eine schwarze Zunge und ein dichtes, zottiges Fell. Sie sieht eher wie ein schwarzer Löwe aus als wie ein schwarzer Hund und ihre Stimme klingt auch wie eine Löwenstimme. Und Löwen sind nun mal bedrohlich und brüllen auch so.
Die Reise durch die Türkei ging weiter, immer weiter. Irgendetwas mit den Bremsen vom Bus stimmte nicht, daher mussten wir in Antalya in eine Werkstatt. Wir konnten im Bus sitzen bleiben und zuschauen, wie vorne neue Bremsbeläge aufgezogen wurden. Es war eine richtig moderne Mercedes-Werkstatt, und die Leute waren sehr freundlich und schienen auch uns Hunde zu mögen. Chefin und Boss bekamen süßen Tee vorgesetzt, wir frisches Wasser. Nicht weit von der Mercedes-Werkstatt fanden wir einen Nachtplatz irgendwo in der Pampa, wo uns ein angesoffener Türke fast eine Stunde belaberte und antätschelte. Dabei ging mir sein Alkoholgestank extrem auf den Wecker. Weil es schließlich auch dem Boss und der Chefin zuviel wurde, zogen wir an einen anderen Platz um. Dort konnten wir in Ruhe schlafen und morgens noch einen schönen Spaziergang machen. Ringsum war niedriges Buschwerk mit allerlei Viechzeug, das eilig davon stob, sobald man in seine Nähe kam. In diesem Buschwerk haben Lara und ich eine große Schlange gesehen, und der Boss wollte sie gleich fotografieren. Doch bis der die Kamera geholt hatte, war die Schlange längst auf und davon. Nach einem ausgiebigen Frühstück – für uns gab es diesmal die Reste vom Abendessen – fuhren wir weiter entlang der türkischen Südküste, durch verschiedene Touristenzentren, manchmal auch durch richtige alte türkische Dörfer.
Die nächste Nacht verbrachten wir an einer idyllischen Bucht, in der man toll toben und sogar baden konnte. Chefin und Boss schnorchelten eine Weile. Ich dachte, sie wollten vielleicht Fische fangen, denn mittlerweile wusste ich schon was Fische waren und wo sie wuchsen, und dass man sie essen konnte. Doch das mit den Fischen wurde nichts, es gab keine. Mit der Chefin hatten wir dafür eine längere Fotosession in einem alten Gemäuer, auf das die Abendsonne herrlich warm schien. Abends durften Onkel Ari und Tante Kyra mit Chefin und Boss zum Essen gehen. Muss wohl nicht so schlecht gewesen sein, wie Kyra anschließend berichtete.
Über die anschließende Strecke gab's nicht viel zu berichten. Viele, viele Kurven! Zugegeben ich hab mal wieder kotzen müssen. Mal führte die Straße durch Wald, mal durch Landwirtschaftsgebiet. Schließlich erreichten wir eine Autobahn, nachdem wir über eine Stunde durch irgendein Kaff gefahren waren auf der Suche nach einer Sehenswürdigkeit, die angeblich im Reiseführer stand, und die es wohl doch nicht gab. Reiseführer sind nach Tante Kyra, so kleine Büchlein, in denen drin steht, was die Menschen tun müssen, wenn sie in einem fremden Land sind. Deshalb fahren die Menschen in einem fremden Land alle an die gleichen Orte, machen alle die gleichen Fotos, auf denen immer nur das Wetter und die Personen variieren, essen immer dasselbe, weil es so im Buch vorgeschrieben ist. Der Boss ist allerdings einer, der sich nicht so gerne an die Regeln von Reiseführern hält. Diesmal musste er es aber tun, weil die Chefin darauf bestand. Und so ist auch zu erklären, warum wir oder zumindest unsere Menschen letztlich so viele Sehenswürdigkeiten in der Türkei gesehen haben. Wäre es nur nach dem Boss gegangen, hätten wir womöglich uns um sämtliche Sehenswürdigkeiten herumgeschlängelt, zumindest meinte Onkel Ari dies.
Nun, irgendwann war auch mal die große Türkei zu Ende. Wir erreichten die Grenze zu dem Land, das Syrien hieß. Ein wichtigtuerischer türkischer Grenzbeamter erklärte Boss und Chefin, dass es nicht möglich sei, mit uns Hunden in dieses Land zu reisen. Nach einigen Diskussionen meinte er aber, wir sollen eben mal zu Fuß über die Grenze gehen und abklären, ob wir hinein dürften. Wir durften, und zwar ganz ohne Probleme. Und gleich vorneweg, Syrien hat mir viel besser gefallen als die Türkei. Die Straßen waren dort zwar auch manchmal sehr kurvig und steil und holperig, doch ist mir dort weit weniger schlecht geworden. Außerdem haben wir gleich als erstes eine irre Kreuzritterburg besucht, die Saladins-Burg. Sie liegt ganz hoch in den Bergen, selbst nochmals auf einem Berg, und es war alles ganz steil und gefährlich. Es hat mich ein wenig an Monemvasia in Orangenland erinnert. Obwohl im Burghof eindeutig ein Hund kläffte, durften wir natürlich nicht mit in die Burg hinein, wahrscheinlich, weil wir keine einheimischen Hunde waren. Tante Kyra meinte, der Grund wäre der, dass unser Fertig-Hundefutter immer Schweinefleisch enthält. Die einheimischen Hunde dagegen dürfen kein Schweinefleisch essen. Und nur, wenn Hunde kein Schweinefleisch essen, dürfen sie in die Burg. Das soll mal einer verstehen. Aber wodurch sich die einheimischen Hunde sonst von unsereins unterscheiden, ist mir völlig unklar.
Unsere Menschen durften ohne Probleme in die Burg hinein, obwohl auch sie manchmal Schweinefleisch essen. Aber für sie gab's wahrscheinlich mal wieder eine Ausnahmegenehmigung, weil sie halt Menschen sind. Und schließlich kann der Boss ein bisschen Arabisch sprechen. Oder vielleicht ist er gar ein Moslem. Ich weiß zwar nicht genau, was das ist. Aber ich weiß, dass Moslems immer Tücher auf dem Kopf tragen, und auch der Boss trug immer mal wieder ein blaues oder weißes Tuch auf seinem Kopf. Egal, die Burg war auch von außen schön und die Weiterfahrt ans Meer auch. Dort haben wir, wieder genau so wie es im Reiseführer vorgeschrieben war, alte Grabstellen besucht, die zwar nicht einen einzigen Knochen enthielten, dafür aber umso mehr Kultur. Das konnte man richtiggehend riechen. Die Chefin hat jedenfalls wie verrückt fotografiert und der Boss auch ein wenig. In der Nähe der Grabstellen trafen wir zwei ganz junge Hunde, die aussahen wie zwei kleine Laras, aber richtige Minis. Die haben aber schon kläffen können. Mir waren die beiden nicht geheuer, und ich fragte mich ob Lara und ich wohl auch mal so klein gewesen sind? Dabei dachte ich an die Zeit zurück als wir noch im Orangenhain wohnten.
Zwei Stunden später gab's gleich nochmals eine Burg, Kraq de Chevallier, auch wieder ganz weit oben auf einem Berg. Da waren sogar Pferde und echte, auf alt getrimmte Ritter und Knappen. Wie wir später herausbekommen haben, wurde dort gerade ein Film fürs syrische Fernsehen gedreht, drum ging's dort arg chaotisch zu. Onkel Ari bot sich ohne zu zögern sofort als Hundestatist an, doch der Regisseur war nicht an Hunden interessiert. Nur an den Frauen und den Rittern. Damit gab's wieder keine Chance in die Burg hinein zu kommen. Aber weil es außerhalb der Burg jede Menge syrischer Hunde gab, war's dennoch für uns ein echtes Erlebnis. Wir saßen im Bus und schauten aus den Fenstern den fremdländischen Hunden zu. Es war schon irgendwie glatt zu sehen, wie syrische Hunde so leben. Sie ziehen gemeinsam herum, fressen gemeinsam aus dem Müll der Menschen, kläffen gemeinsam und hauen gemeinsam ab, wenn eine wie Tante Kyra aufkreuzt. Was sie sonst noch alles gemeinsam machen haben wir leider nicht mitbekommen, weil wir früh ins Bett mussten, schließlich wollten wir am anderen Tag sehr früh weiter fahren. Doch Chefin und Boss verbrachten noch mindestens die Hälfte des nächsten Tages in der alten Burg. Als sie gegen Mittag zurück zum Bus kamen, meinte der Boss, er hätte nun genug von den alten Burgen und wolle nun endlich tauchen. Darum fuhren wir weiter in Richtung Jordanien und zwar schnurstracks.
Die Grenze nach Jordanien passierten wir ebenfalls ganz ohne Probleme. Keiner wollte was von uns Hunden. Allerdings dürfte uns in Jordanien auch kaum einer gesehen haben, denn wir sind eilig durch das ganze Land gerast bis in die Nähe der Stadt Aqaba. Weil es schon sehr spät und dunkel war, übernachteten wir auf einem LKW-Parkplatz, der voller Müll war, richtig scheußlich. Schon früh am Morgen ging's weiter zum Hafen von Aqaba. Dort wartete wieder ein Schiff auf uns. Diesmal führte die Seestrecke nach Nuweiba auf der Sinai. Die ganzen Ortsangaben hatte ich übrigens von Tante Kyra bekommen, die diese Strecken schon früher gefahren war und die meisten Stellen gut kannte. Sie hatte auch vorhergesagt, dass wir auf diesem Schiff im Auto würden bleiben müssen, weil Hunde dort nicht erlaubt seien. Dadurch merkten wir von der Überfahrt fast gar nichts.
Plötzlich waren wir in Ägypten, in dem Land, von dem Onkel Ari und Tante Kyra so viel erzählt hatten, im Land der Abenteuer. Unser erstes Abenteuer war der ägyptische Zoll. Obwohl der Boss einen Zollagenten zur Hilfe nahm, dauerte es Stunden ehe wir endlich die Papiere für das Auto hatten und die amtstierärztlichen Papiere für uns. Zum ersten Mal auf der Reise reichten unsere mehr als ordnungsgemäß geführten Impfpässe nicht aus. In Nuweiba wollten die Zöllner ständig andere Papiere sehen. Dann mussten irgendwelche Typen irgendetwas nachlesen, ob es denn überhaupt erlaubt sei, dass wir in dieses Land reisten. Der Boss musste all seinen pseudoarabischen Charme aufwenden um die Zollbeamten von unserer Harmlosigkeit zu überzeugen. Doch mit etwas Bakschisch waren sich am Schluss alle einig. Wir waren jedenfalls froh, als wir gegen Abend endlich aus dem Hafen fahren konnten durch die Wüstennacht zu dem Ort, der Dahab hieß, und in dem der Boss, so hatten es Onkel Ari und Kyra berichtet, ein Häuschen hatte. Spät abends waren wir da. Wir fuhren durch ein großes Tor in einen großen Garten. Es gab noch ganz schnell was zu Futtern, dann schliefen wir alle, auch unsere beiden Menschen vor Erschöpfung ein. Die Umgebung erkundeten wir erst am anderen Morgen.