Wenn wir gewusst hätten, dass die Orangenland-Rundreise nur Training für noch größere und längere Reisen sein würde, hätten wir die Dinge vielleicht ganz anders gesehen. Wir schwärmten noch von unseren Abenteuern in dunklen Höhlen und mit grünen Monsterköpfen, da fingen Chefin und Boss schon wieder an, den Bus voll zu packen, allerdings packten sie deutlich weniger Essen ein, und Tante Kyra meinte, wir sollten uns auf ein nächstes Abenteuer vorbereiten. Natürlich wollten wir gleich wissen, was da im Gange sei, doch Tante Kyra und Onkel Ari schauten sich geheimnisvoll an und verrieten uns nichts. Als Chefin und Boss zwei Tage später alle Fenster und Türen vom Haus zusperrten, war Lara und mir schon klar, dass wir wieder verreisen würden. Nur wo sollte es diesmal hingehen?
Merkwürdig war, dass die Chefin auch noch ein paar Sachen in den Smart gepackt hatte, der inzwischen wieder brav im Garten stand. Es sah so aus, als würden wir mit zwei Autos auf einmal verreisen, und ich befragte dazu – wen hätte ich auch sonst fragen sollen – Tante Kyra. „Das kommt schon mal vor“, meinte sie. „Also ich sag euch was los ist. Wir fahren alle zusammen nach Kaltland, das Land, in dem ich früher gewohnt habe, und von dem Onkel Ari und ich schon viel erzählt haben“. Und tatsächlich, am Nachmittag fuhren wir los, Onkel Ari, Lara und ich mit der Chefin im Smart, Tante Kyra mit Tito, Rudi, Fetz und dem Boss im Bus. Nun brauchten Chefin und Boss wenigstens nicht mehr darum zu streiten, wer gerade fahren dürfte. Die Fahrt dauerte nur so an die zwei Stunden. Wir mussten zwischendurch mal Tanken, weil der Smart wegen uns so schwer beladen war, dass die Tankanzeige ganz schnell auf Null gegangen war. Und dann waren wir dort, wo die großen Schiffe sind, im Hafen. Unser Schiff war aber noch nicht da, darum gingen wir, nachdem Boss und Chefin die Autos auf den Parkplatz abgestellt hatten, noch eine Weile spazieren und konnten so den Duft der weiten Welt riechen, von dem Tante Kyra und Onkel Ari so geschwärmt hatten. Lara hat vor Aufregung gleich hinter einen Kiosk gekackt. Die Chefin lobte sie deswegen und meinte ich solle auch. Doch ich war viel zu aufgeregt, wegen der vielen Schiffe. Unser Schiff kam erst ganz spät in der Nacht, und es dauerte nochmals sehr lange, ehe wir an Bord fahren durften. Zuletzt waren wir todmüde und heilfroh, dass wir einen sicheren Platz zum Schlafen hatten.
Als ich am Morgen aufgewacht bin, dachte ich zuerst wir wären wieder irgendwo auf der Orangenland-Rundreise. Doch dann sah ich die vielen Autos und LKWs um uns herum stehen und roch das Öl und das Benzin. Mit einem Guten Morgen-Jodler hab ich rasch die anderen aufgeweckt, und Lara machte gleich wieder einen auf „Ich muss aufs Klo“, so dass die Chefin schnell mit uns hinausging. Blöderweise war es wirklich so, wie Onkel Ari und Tante Kyra berichtet hatten. Auf so einem Schiff kann man fast nicht pinkeln. Ich musste zwar dringlich, doch wann immer ich es versuchte, zog sich alles in mir zusammen, und ich konnte nicht. So ging das stundenlang an diesem Tag, und meine Blase war inzwischen so voll, dass sie am Rande des Platzens war. Lara konnte natürlich einfach darauf los pinkeln, wenn sie wollte. Auch Onkel Ari und Kyra, die ja beide schon genug Schiffserfahrung hatten, konnten ohne Probleme und gaben damit auch noch an. Hätten sie mir nicht damals von den Pinkelproblemen auf Schiffen erzählt, hätte ich wahrscheinlich auch gekonnt. Aber so lief ich winselnd hin und her und fand einfach keinen Platz zu Pinkeln. Schließlich wurde es dem Boss wohl zu bunt. Er sah so aus, als sei er total wütend. Er sprang auf mich zu und brüllte: „Ich dreh dir gleich den Hals um, wenn du jetzt nicht gleich pinkelst!“ Vor lauter Schreck hab ich da tatsächlich drauf los gepinkelt bis meine Blase leer war, und Chefin und Boss haben sich fast totgelacht, weil sie mich so erschreckt hatten. Aber eigentlich war ich froh darüber, denn nun wusste ich, auch ich kann auf einem Schiff pinkeln, wenn auch nur mit Schrecken.
Der Tag auf dem Schiff verlief langweilig. Chefin und Boss verschwanden immer mal wieder. Vermutlich sind sie ins Restaurant des Schiffes gegangen, denn jedes Mal wenn sie wiederkamen, brachten sie und ein paar Happen typisches Restaurant-Essen mit. Doch sonst war rein gar nichts los. Alle paar Stunden mal raus zum Pinkeln oder zu einem Pinkelversuch. Lara hat später sogar kacken können. Wie schon mal gesagt, die kann einfach immer! Chefin und Boss lasen die meiste Zeit oder spielten komische Spiele im Bus. Und so wurde es wieder Abend mit Hundefutter zum Abendessen. Ich glaube, der Boss hat danach ziemlich viel Wein getrunken, denn er schnarchte später fast so laut wie Tante Kyra, so dass ich überhaupt nicht gut schlafen konnte. Außerdem liefen draußen ständig irgendwelche Menschen hin und her, die ich ankläffen musste. Dafür wurde ich dann von der Chefin wieder angekläfft. Es gab einfach keine Ruhe bis es schließlich wieder hell wurde und wir eine große Stadt erreicht hatten, die laut Tante Kyra Venedig hieß, und deren Namen vermutlich lateinischen Ursprungs war und soviel wie „es kommt dick“ bedeutet, von „vene“ kommen und „dig“ wie fett. Und dick kam es auch. Weil auf unserem Schiff irgendetwas mit der Zufahrtsrampe zur oberen Garage defekt war, konnten wir nicht gleich mit dem Bus herausfahren, sondern mussten stundenlang warten. Schließlich nahm uns die Chefin mit in die Tiefgarage zum Smart, und wir fuhren einstweilen wenigstens mit dem Smart raus auf einem Parkplatz und warteten dort auf Tante Kyra, die Meerschweine und den Boss. War ich froh, als die endlich kamen und wir weiter fahren konnten. Ich hatte schon Angst, die würden gar nicht von Bord können und müssten wieder zurück nach Orangenland fahren, und wir müssten alleine dableiben. Mir hat es dort nämlich gar nicht gefallen. Da saßen lauter gefährliche Italiener und andere Menschen herum, die immer gleich „Kscht“ machten und einen mit der Hand wegscheuchten, wenn man auf sie zuging. Auch Lara sah das so, und wir haben deshalb gar nicht gemosert, als wir ganz schnell auf die Autobahn gefahren sind und Venedig hinter uns lassen konnten. Außerdem war mir die Geschichte von Tante Kyra eingefallen, in der die beiden Hunde in ihrem Bus überfallen wurden und der eine so schwer verletzt worden war, dass er starb. Die Chefin fuhr wie der Teufel, weil sie die Geschichte vermutlich auch kannte, und der Boss hatte sichtlich Mühe, nicht abgehängt zu werden. Aber weil die Chefin so schnell fuhr, dauerte die Fahrt nach Kaltland viel länger, denn sie fuhr immer an den Abzweigungen der Autobahn vorbei, übersah ständig die Schilder, an denen wir hätten abbiegen müssen. Onkel Ari, der durch die Heckscheibe des Smarts den Boss in seinem Bus fuchteln sah und bemerkte wie er Lichthupe machte, hat anfangs noch die Chefin angestupst um ihr zu zeigen, dass sie falsch fuhr. Doch es nützte nichts. Erst als der Boss mit dem Bus uns eingeholt hatte und nun wild hupend neben uns herfuhr, verlangsamte die Chefin den Smart und fuhr in die nächste Rastanlage. „Ras nicht so“, schimpfte der Boss. „Du hast die Abzweigung zum Brenner verpasst. Jetzt müssen wir die ganze Strecke zurückfahren!“ Oh, weh! Doch dann verpasste die Chefin wieder eine Abzweigung, diesmal die zum Fernpass, und sie hätte auch alle anderen verpasst, wenn anschließend der Boss nicht voraus gefahren wäre. Ja, so fuhren wir ziemlich kreuz und quer durch Italien und Österreich, so hieß laut Onkel Ari die Länder, die wir bisher nur aus Erzählungen kannten und deren Berge mir sehr gut gefielen, so gut, dass ich gerne ein paar Tage dort verbracht hätte. Onkel Ari gab uns eine ganz gute Streckenbeschreibung und erzählte – nun, da Tante Kyra nicht mit im Auto war – dabei ein paar Geschichtchen von tollen Hundemädchen, die er auf der letzten Fahrt an den Raststätten getroffen hätte. Ich glaub, er hat die meisten Geschichten erfunden, denn wir haben überhaupt keinen Hund auf einer Raststätte getroffen, aber gerochen haben wir schon welche.
Und dann, irgendwann, spät in der Nacht, waren wir in Kaltland. Offensichtlich kommt man dort immer spät in der Nacht an, wie wir aus Tante Kyras und Onkel Aris Erzählungen ja schon wussten. Wir parkten die Autos vor einem Haus. Onkel Ari, Chefin und Boss verschwanden in dem Haus. Es war das Haus, in dem eine von Chefin' s vielen Omas wohnte, wie wir später erfuhren. Erst nach einer halben Stunde kam unser Rudel wieder raus. Danach fuhren wir in der Kuhnacht auf irgendeinen Platz zum Schlafen. Puh, geschafft für heute.
Als wir nach einer tief und fest verschlafenen Nacht morgens aus dem Bus durften, Wow! So einen Platz hatten wir noch nie gesehen. Lauter hohe Bäume bis zum Himmel! Wir machten einen Spaziergang durch noch mehr hohe Bäume und Büsche unter denen alles ganz dunkel war, und mir blieb schier die Luft weg. Das muss der Dschungel sein, von dem Tante Kyra mal berichtet hatte. Sie hatte darüber einen Film im Fernsehen gesehen und erzählt, dass es dort ganz viele große Bäume gibt und jede Menge Viecher und alles ganz gefährlich. Lara und ich, wir trauten uns keinen Schritt weiter zu gehen, denn wir wussten nicht wirklich was auf uns zukommt unter den vielen Bäumen und Büschen. Außerdem roch es nach allem möglichen Getier. Doch Onkel Ari marschierte ganz ungeniert in den Wald hinein, pinkelte unter die Büsche, und schließlich trauten auch wir uns weiterzugehen. Ja, es stellte sich letztlich heraus, dass der Wald und die Büsche gar kein so schlechter Spielplatz waren, man musste sich nur erst daran gewöhnen. Schon bald aber, raste ich voller Eifer durch das Unterholz, überfiel Lara von hinten, so dass sie vor lauter Schreck gleich auf den Boden machte. Ich fragte Tante Kyra ob so ganz Kaltland aussähe, doch sie sagte, das sei nur ein ganz kleines Wäldchen, wie es sie häufig gäbe. Es würde in Kaltland noch viel, viel größere Wälder geben, in denen man sich richtig verirren könnte. Wir liefen an einem Wasser entlang, das hier See und nicht Meer hieß, und das Wasser konnte man trinken, denn es war nicht salzig. Also, es gab so viele neue Dinge zu sehen, dass uns nach der langen langweiligen Autofahrerei absolut nicht mehr langweilig war, aber zwischendurch sehnte ich mich doch ein bisschen zurück nach den Orangenbäumen und dem Dachzimmer in Orangenland.
Wir besuchten Oma um Oma. Diesmal durften wir bei der einen Oma mit in die Wohnung. Chefin und Boss bauten in Omas Küche den alten Herd aus, also den wichtigsten Platz im Haus, weil man auf dem das gute Essen zubereitet. Dann bauten sie einen anderen Herd ein. Ich glaub, den haben sie die ganze Zeit im Bus mit herumgeschleppt. Lara und ich schauten uns derweilen die Wohnung an. Ganz schön üppig dort. Da gibt's weiche Teppiche und ganz weiche Sitzmöbel, die man Sofa nennt, und Lara hat sofort darauf geschielt und wollte auf dem so bequem aussehenden Sofa ein Schläfchen machen. Doch die Chefin hat mal wieder nicht mitgespielt. Das hatte ich mir schon gedacht: In Kaltland, alles Plüsch, aber nichts darf man. Egal, wir fuhren ohnehin bald weiter, Kurven wie zuhause in Orangenland, nur nicht so holperige Straßen. Und dann hielten wir plötzlich bei einem Haus, und Onkel Ari meinte, „Das ist das Haus von der Chefin!“. Ich hab's gleich geahnt, schon als wir dort anhielten, obwohl es da auf der Straße gar nicht nach der Chefin roch. Doch nach Onkel Aris Geschichte, konnte das nur das Haus von der Chefin sein. Da kamen auch schon eine Frau und ein Mann heraus und begrüßten uns so heftig, dass wir erst mal zurückwichen. Die langten doch einfach so in unseren Smart herein und keiner protestierte, ja Tante Kyra und Onkel Ari, die schon draußen waren, wedelten sogar mit den Schwänzen. Das konnten nur Chefinmutter und Chefinvater sein. Aber nachdem da ja angeblich so ein blöder Köter im Haus wohnen sollte, hielten wir uns sicherheitshalber mal weiterhin vornehm zurück ehe wir endlich zu dem Haus gingen um es genauer zu inspizieren. Zuerst ging es durch einen großen Garten mit ganz feinem, weichem Gras. Ich wollte mir das schon genauer ansehen, doch die Chefin zog uns an den Leinen weiter ein paar Stufen hinunter in eine Art Zimmer ohne Dach, das sie Tiefhof nannten.
Da gab es Split wie im Hof in Orangenland, und weil es jetzt auch ganz deutlich nach Chefin und Boss roch, ja sogar ein bisschen nach Onkel Ari und Tante Kyra, fühlten wir uns wie zuhause. Anschließend durften wir uns in Ruhe den Garten anschauen, und der hat mir eigentlich am besten gefallen. Da konnte man herrlich mit Onkel Ari und Lara Fangen spielen. Tante Kyra setzte sich lieber solange hin und schaute uns zu. Ab und zu ließ sie eine bissige Bemerkung los über unser Herumtollen und korrigierte unseren Laufstil, wenn wir ihr zu nahe kamen. Chefin und Boss trugen auch die Meerschweinchen ins Haus, die doch tatsächlich einen eigenen Stall in der Wohnung hatten. Ich hatte eigentlich gedacht, sie hätten auch so ein Haus im Garten wie in Orangenland, aber ich kapierte gleich, dass es hier einfach zu kühl war um draußen zu leben. Es war nicht kalt, aber so warm wie zuhause war es längst nicht. Dafür war die Wohnung schnuckelig. Es gab ein großes Bett im hinteren Zimmer, und ich fragte Onkel Ari – im Stillen den Gedanken, ob wir vielleicht alle zusammen darin schlafen würden, was natürlich geil wäre, ob es in Orangenland denn auch so ein großes Bett gäbe. Er sagte: „Klar, habt ihr nur nie gesehen, weil ihr bisher immer draußen gelebt habt“. Woraus ich sofort schloss, dass wir fortan wohl mit drinnen leben würden und das Bett auch uns gehören würde, zumindest dann, wenn Chefin und Boss mal nicht da wären. Da es noch früh am Nachmittag war, meinte die Chefin aber, wir sollten zunächst alle zusammen spazieren gehen. Damit wurden alle meine Gedankengänge bezüglich des Bettes erst mal unterbrochen.
Wir sind also so durch die Straßen gegangen – alles roch ganz sauber, fast nach nichts. Natürlich gingen wir alle an der Leine, weil in Kaltland die Hunde zu bestimmten Uhrzeiten an der Leine gehen müssen oder vielleicht ist das Gesetz auch so, dass die Menschen an den Leinen gehen müssen. So genau weiß ich das nicht. Jedenfalls ging die Chefin mit mir und Onkel Ari voran und drückte dann ganz plötzlich an einem der vielen Häuser auf einen Knopf, woraufhin es in dem Haus ein ganz seltsames Geräusch gab. Ich wusste nicht ob es von einem Tier oder einer Maschine stammte. Sicherheitshalber bellte ich mal. Ja und was glaubt ihr, was dann passiert ist! Da geht die Tür auf, und da kommt unsere Oma Gerda heraus, die Oma Gerda, die bei uns zuhause zu Besuch war und dann wie ein Vogel weggeflogen ist. Die Welt ist doch wahnsinnig klein und durcheinander, dachte ich mir. Da brauchst du nur an irgendeinem Haus auf einen Knopf zu drücken und schon wohnt da die Oma Gerda drin. Es war eindeutig die gleiche, die bei uns war. Lara hat es auch gleich bemerkt. Ha, wie haben wir uns gefreut, sie wieder zu sehen und sind ganz verrückt herumgehüpft. Sie lud uns in ihr Haus ein. Es gab Kekse, Kuchen und für die Menschen wieder diesen komischen Kaffee.
Wieder zurück in der Chefinwohnung, hab ich mir das Bett nochmals genauer angeschaut und auch gleich das Sofa, welches daneben stand. Doch die Chefin machte gleich mit Gebrüll klar, dass das ihr höchsteigenes Revier sei und allenfalls der Boss dort geduldet wurde. Tante Kyra murmelte mir zu: „Nur immer mit der Ruhe, die Beiden sind öfter mal für ein paar Stunden fort und dann habt ihr genug Gelegenheit das Bett auszuprobieren“, und dabei tauschte sie mit Onkel Ari einen tiefsinnigen Blick aus, als ob die beiden es schon x-mal ausprobiert hätten. Inzwischen war es Abend geworden. Der Boss kochte wieder mal. „Gott sei Dank, es gibt endlich wieder etwas anderes als den Hundefraß aus der Büchse“, meinte Onkel Ari und Tante Kyra leckte sich schon mal das Maul. Ich glaube, es gab irgendwelche Nudeln mit einer weißen sahnigen Käsesoße, die ganz verlockend duftete. Wir bekamen wirklich was davon ab, aber was das Größte war, wir durften tatsächlich drinnen bleiben in der Wohnung als es draußen nacht wurde. Was mehr als vernünftig war, denn nur ein paar Stunden später fing es auch schon an zu regnen, und der Boss meinte „Sauwetter, typisch“. Lara hat sich das genau gemerkt, und über eine Wochen jeden Morgen zuerst mal zur Tür hinausgeschaut und „Sauwetter, typisch!“ gesagt. Chefin und Boss räumten sämtliches Mobiliar hinaus in den Tiefhof, damit es ein wenig in der Sonne schmoren konnte und damit der eigenwillige Kellergeruch daraus verschwände. Es hat aber nicht viel genützt. Irgendwie roch es in der Chefinwohnung immer nach Keller, Schimmel und Öl. Aber man gewöhnt sich ja bekanntlich an alles, und so hatten auch wir uns bald daran gewöhnt und empfanden den Geruch sogar als heimelig. Mit der Chefinmutter hatte ich anfangs so meine Schwierigkeiten. Die hatte immer so einen seltsamen Geruch an sich, so irgendwie wie Rauch und Feuer und gleichzeitig Blumendüfte, so dass ich es anfangs für ratsam hielt, ihr nicht zu nahe zu kommen. Aber ich fand dann doch heraus, dass sie harmlos war und ließ mich schließlich sogar auch von ihr streicheln. Später merkte ich dann auch woher der Rauchgeruch kam. Sie brannte innerlich, und deshalb rauchte es ihr aus Mund und Nase heraus. Nun, es schien ihr nicht viel auszumachen, also scherte ich mich nicht weiter darum. Vielleicht isst sie ihr Futter zu heiß....
Ein paar Tage später hatte Oma Gerda Geburtstag, und wir wurden dazu eingeladen, diesmal zum Essen in ein feines Restaurant. Zuerst durften Lara und Onkel Ari mit ins Restaurant. Tante Kyra und ich mussten derweilen im Bus warten. Aber Lara hat mir erzählt, was sich zugetragen hat. Kaum waren sie im Restaurant drinnen gewesen, hätten sie in einer Schüssel aus feinstem Porzellan frisches Wasser bekommen, dann je ein Pärchen Saitenwürste und andere feine Sachen. Ich dachte mir zuerst, das sei ja nun eine schöne Pleite. Die inzwischen ganz schön dicke Lara bekommt die feinsten Brocken ab, und ich geh leer aus. Doch dann mussten Lara und Ari ins Auto, und ich und Kyra durften mit ins Restaurant. Und tatsächlich, da stand frisches Wasser in einer Porzellanschale. Die Schale hatte zwar schon einen Sprung, aber immerhin. Und als die Bedienung oder Wirtin dann kam und uns sah, fragte sie ob wir Chamäleon-Hunde wären und die Farbe gewechselt hätten, da wir vor wenigen Minuten noch ganz anders ausgesehen hätten. Dann bekamen auch Kyra und ich Saitenwürste und als die Menschen fertig gegessen hatten noch viele Stücke besten Fleisches und Kartoffeln und Nudeln und Soße. Ha, ich hab mich total vollgefressen an diesem Abend und Ari und Lucy brachten wir auch noch jede Menge Zeug mit. Also Oma Gerdas Geburtstag muss man sich unbedingt im Gedächtnis behalten. Schade, dass der nicht öfters im Jahr ist.
Irgendwie sind wir so von Festlichkeit zu Festlichkeit geeilt. Wenige Tage nach Oma Gerdas Geburtstag, den ich wie schon gesagt nie vergessen werde, fuhren wir so etwa eine Stunde mit dem Bus durch die Gegend und hielten vor einem Haus, das wie ich aus Tante Kyras und Onkel Aris Verhalten schließen konnte, auch wieder wichtig war. Wieder machte die Chefin den Trick mit dem Knopf an der Tür und wieder blieb uns vor über Überraschung die Spucke weg. Jetzt standen plötzlich die Bosseltern da und sahen genau so aus, wie in Orangenland. Ich nahm mir vor, den Trick mit dem Knopfdrücken auch mal irgendwo zu versuchen. Vielleicht würden dann ja Lisa oder Onkel Demis von früher auftauchen. Ja, und bei den Bosseltern gab's wieder ein paar feine Leckerein für die Menschen und für uns. Wir schauten uns auch dort die Gegend an. Hier wuchsen die riesigen, hohen Bäume in großer Zahl, doch nun machten sie uns natürlich keine Angst mehr, sondern Freude, und wir streiften mutig umher, zumal Kyra sagte, dass es dort jede Menge Hasen gäbe, die ganz toll zu jagen wären. Wir wussten natürlich zu diesem Zeitpunkt noch nicht was Hasen waren. Ich stellte sie mir als kleine, braune, tieffliegende Viecher vor, sollte aber bald lernen, was Hasen wirklich waren. Wir verbrachten den Tag und die Nacht bei den Bosseltern, die sich mit Chefin und Boss viel zu erzählen hatten. Vor allem die Bossmutter erzählte viel. Das Haus von den Bosseltern ist nicht schlecht, nur muss man viele Stufen hinaufklettern um ins Schlafzimmer zu gelangen. Und zwischen den Stufen ist gar nichts. Da kann man einfach durchschauen, hinunter in die Tiefe. Das war schon ein mulmiges Gefühl als ich da zum ersten Mal diese Treppe hoch bin. Obwohl das Schlafzimmer recht bequem aussah, so mit einem dicken braunen Teppich ausgelegt und mit einem bequemen Bett ausgestattet, haben wir Hunde uns gar nicht wohl gefühlt. In dem Teppich lebten kleine Tierchen, die sich auch in unserem Fell pudelwohl zu fühlen schienen. Jedenfalls fing es uns nach zwei Stunden höllisch an zu Jucken. Zuerst dachte ich an Moskitos und wollte mir damit schon erklären, woher der Boss sein Moskitotrauma her hätte, doch ich sah und hörte nicht ein einziges dieser kleinen, pfeifenden Biester. Dafür krabbelten noch viel kleinere Viecher an meinem und Laras Bauch herum, bissen uns mal hier, mal dort und alles juckte höllisch. Das Jucken ging die ganze Nacht so und hat auch in den nächsten Tagen angehalten. Wir sind schier verrückt geworden. Schließlich hat sich Tante Kyra beim Boss beklagt. Der hat genau nachgeschaut und dann bekamen wir übelriechende Tinkturen, wurden in so lilarotem Zeug gebadet, so dass meine weißen Füße ganz braun wurden und mussten andere Medikamente einnehmen, welche die kleinen Juckviecher schließlich vertrieben. Es hat aber ganz schön lange gedauert. Wir haben dann auch herausbekommen, wie diese Plaggeister in das Haus der Bosseltern gekommen waren. Einige Tage zuvor hatte dort anderer Hundebesuch übernachtet, und der muss wohl die kleinen Jucktiere zurückgelassen haben. Na ja, das war alles nicht so schlimm. So machten wir wenigstens die Erfahrung, dass es Milben und Flöhe gibt. Übrigens hat die Bossmutter nachdem wir ihr von der Bescherung berichtet hatten alles desinfiziert. Wenn also mal irgendein Leserhund (oder heißt es Hundeleser?) die Bosseltern besuchen will, so kann er das unbesorgt tun. Kleine beißende Viecher gibt's dort keine mehr!
Als wir nach dem Besuch bei den Bosseltern wieder zuhause waren, hatten wir auf einem der weiteren Spaziergänge die erste Hasenbegegnung, eine der unheimlichen Art. Tante Kyra und Onkel Ari hatten uns inzwischen aufgeklärt, was Hasen wirklich sind und wie sie aussehen und wie man sie jagt. Nun, genau so einen Hasen sah ich mitten auf einem abgemähten Feld sitzen und ganz frech zu mir her schauen. Prima dachte ich, das wird eine feine Hasenjagd und spurtete los. Der Hase gab auch Gas und zischte im Zickzack vor mir her. Es hat so richtig Freude gemacht. Doch urplötzlich fand der Hase einen magischen Platz, auf dem er stehen blieb, ganz so als wisse er genau, dass ich ihn dort nicht erwischen kann. Ich blieb folglich auch stehen, da zieht der Hase doch seine Lefzen hoch und zeigt mir seine fürchterlichen vorderen Hauer, und ich glaub gar, er hat auch noch „Buh“ gemacht. Lara war übrigens knapp hinter mir und kann alles genauestens bezeugen. Wir sind beide so erschrocken, dass wir schnellstens Reißaus nahmen, und dann haben wir noch gehört, wie der Hase ganz frech gelacht hat. Onkel Ari und Tante Kyra haben sich natürlich auch schier schief gelacht, weil sie aus der Ferne alles genau beobachten konnte, doch ich bin mir sicher, wären sie an unserer Stelle gewesen, wären sie auch lieber abgehauen. Vielleicht war es ja gar ein tollwütiger Hase gewesen. Na ja gut, wir waren ja vom Boss persönlich gegen Tollwut geimpft worden in Orangenland, und ich dachte für einen Moment an die fürchterlich lange Nadel, die er mir unters Fell rammte. Es hatte aber trotzdem nicht weh getan. Schließlich war der Boss ja Arzt und verstand sein Handwerk.
Die Tage in Kaltland trödelten so dahin. Mal mussten wir für ein paar Stunden alleine bleiben und stritten uns dann um die besten Plätze im verbotenen Revier der Chefinwohnung, mal durften wir mitfahren zu irgendwelchen Besuchen, auf denen wir manchmal von den Leuten ganz schön blöd angeguckt wurden, weil wir so viele waren. Da wurden wir manchmal richtig asozial hingestellt, als wären wir eine hundereiche Familie. Ähm..., hab ich jetzt vielleicht was Falsches gesagt?
Zu den Bosseltern sind wir noch ein paar Mal gefahren. Die haben sich immer ganz arg gefreut, wenn wir kamen. Einmal gab's dort ein großes Fest. Wenn ich es richtig verstanden habe, haben sich die Bosseltern zum 50. Male verheiratet. Ein merkwürdiger Brauch bei den Menschen, über den auch Tante Kyra nur wenig wusste. Aber egal, es waren dort sehr viele Leute zu Besuch, und wir, das heißt die Leute, aßen in einem Restaurant wie bei Oma Gerdas Geburtstag. Entsprechend viel und gutes bekamen auch wir anschließend zu essen. Bei dieser Gelegenheit lernte ich auch die dicke Sheila kennen, von der Tante Kyra erzählt hatte, und die jetzt in Kyras früherem Haus wohnt. Ich hab sie allerdings nur ganz kurz beschnuppert, und sie hat auch fast nichts mit mir geredet.
Oh ja, ich mag Feste, und ich mag Restaurants. Sogar in die große Stadt Stuttgart durfte ich mitfahren, nur ich allein mit Oma Gerda, Chefin und Boss. Die anderen mussten zuhause auf uns warten. Ich hab zum Fenster vom Bus hinausgeschaut und bin erschrocken, weil es so wahnsinnig viele Straßen und Häuser um uns herum gab. Doch dann sind wir in ein Restaurant gegangen, das aussah wie eine Höhle, ganz eng und dunkel, und es roch nach Fett und Rauch. Es gab dort ein besonderes Essen, sie nannten es afrikanisch. Für mich fiel natürlich auch was ab, aber so toll wie in einem normalen Restaurant war's dort nicht, denn das Essen war höllisch scharf, so wie es wirklich nur die Menschen mögen können. Dafür lernte ich anschließend noch Stuttgarts Prachtmeile, die Königsstraße, kennen, weil die Chefin dort noch unbedingt ein Eis essen wollte. Also ehrlich gesagt, unsere Eisdiele in Orangenland ist da schon weitaus gemütlicher und auch interessanter, weil es ja dort eine Altstadtbande gibt, während in der Königsstraße neben den vielen Menschen hauptsächlich seltsame Zwerghunde mit rosa Schleifchen um den Hals und noch rosanerem Hintern herumlaufen. Man muss aber alles mal gesehen haben, dachte ich mir und hielt mich vornehm zurück.
In Kaltland dreht sich das Leben der Menschen noch viel mehr ums Essen als das in Orangenland der Fall ist. In unserem Tiefhof veranstalteten die Chefin und der Boss jede Menge Grillabende, bei denen andere Menschen auf Besuch kamen. Einmal kam sogar ein Hund mit, der hieß Jarwin und war riesig groß. Tante Kyra konnte ihn nicht leiden, weil er kastriert war und deshalb anders roch als normale Hunde. Kyra nannte ihn einen Eunuchen, was immer das auch sein mochte. Zu Lara und mir war er ganz freundlich, doch Onkel Ari blieb ihm auch fern, wahrscheinlich, weil Onkel Ari auf der Seite von Tante Kyra stand. Der Grillabend ging trotzdem ohne Probleme über die Bühne, denn Jarwin musste an der Leine angebunden bleiben. Das Schöne an so einem Grillabend ist vor allem der Schluss. Irgendwann stehen die Leute nacheinander auf, schütteln sich die Hände und hauen ab. Und genau das ist der Moment, an dem sich herausstellt, ob der Grillabend gut oder schlecht ist. Ein guter Grillabend zeichnet sich dadurch aus, dass nach dem Verschwinden der Gäste jede Menge Grillwürstchen und Steaks und Salate übrigbleiben, was uns Hunden zugute kommt, und zumindest Lara und ich, wir mögen auch Salat, besonders Kartoffelsalat.
Die Grillabende bei uns waren immer gut. Bei anderen Leuten haben wir zwar keinen richtigen Grillabend erlebt, doch Tante Kyra hatte schon früher viele erlebt, und von ihr stammt die Grillabendphilosophie. Eigentlich war ich ganz froh, dass die Grillabende immer bei uns stattfanden und nicht bei anderen Leuten. Am Ende hätten wir gar nicht mit gedurft, oder es wäre uns so gegangen wie bei einer der Kaffeeeinladungen, die mal ganz spontan während eines Spazierganges erfolgte. Da mussten wir bei fremden Leuten neben der Terrasse im Gras sitzen, durften uns nicht rühren, nicht mal irgendwohin pinkeln, und obwohl am Tisch Süßigkeiten serviert wurden und Säfte und Kaffee, gingen wir absolut leer aus. Für uns gab's nichts zu Trinken, keine Kauknochen, keine Leckerlis , nichst! Wahrscheinlich waren wir da bei so einer typisch Spießerfamilie gelandet, die eigentlich Hunde nicht ausstehen kann und uns überhaupt nur anstandshalber auf ihr Grundstück gelassen hatte, weil man die Chefin halt kannte.
Doch wir haben auch ein paar nette Leute getroffen. Die einen wohnten in der Nähe vom Bodensee, den wir zwar nicht sahen, von dem der Boss jedoch dauernd erzählte. Die hatten auch einen Hund, einen kugelrund genährten englischen Adeligen, namens Sir Henry, der sich hinsetzen konnte wie ein Flaschenpudel. Zum Spielen war er eindeutig untauglich, denn einerseits war es ihm vor lauter Speck kaum möglich überhaupt in Schwung zu kommen, andererseits bestand die Gefahr, dass er vor einem eventuellen Hindernis nicht mehr würde bremsen können, weil ihn seine Masse erbarmungslos vorwärts schob, wenn er rannte. Aber er war trotzdem sehr nett und hat Geschichten aus England erzählt bis sein Herrchen meinte, er stamme aus dem Tierheim. Sein Herrchen ist übrigens auch ziemlich rund, wie's Gescherr, so der Herr, heißt es bekanntlich. Auf jeden Fall waren sie alle ganz lieb und wie alle rundlichen urgemütlich, und sie hatten keine Hemmungen uns ein paar extra Leckerlis zukommen zu lassen. Von diesen netten Menschen aus fuhren wir durch Wälder und Berge zum Bossbruder Frank. Der ist zwar auch ganz nett, aber was Hunde angeht, so ist er eher langweilig wie seine Freundin, die ohnehin mehr auf Katzen steht. Doch richtig stark wurde die Rückfahrt nach Hause. Wir haben in einem Wald Pause gemacht, und das war das Beste von der ganzen Fahrt. Zuerst hab ich gar nicht kapiert, um was es eigentlich ging. Ich hab schon gesehen, dass Chefin und Boss dauern irgendetwas kauten, was dort im Wald an den Büschen wuchs, doch hab ich nicht so genau hingeschaut, als dass ich es hätte identifizieren können. Doch Lara hatte es gleich kapiert, denn sie war zusammen mit Tante Kyra aus dem Bus ausgestiegen, und die hatte ihr natürlich gleich geflüstert, dass hier ein Beerenplatz war. Jedenfalls haben die ein Wettessen veranstaltet. Ziel war möglichst schnell und möglichst viel von den blauen und roten Beeren zu verspeisen und Sieger war wohl der, der am schnellsten eine so blaue Zunge wie Tante Kyra hatte. Der Boss hat zumindest was die Zunge anging gewonnen. Sogar seine Lippen waren blau. Auch Lara und Onkel Ari haben jede Menge von den Beeren verdrückt, doch weil ich anfangs ganz mit den vielen verschiedenen Waldgerüchen beschäftigt war, konnte ich da ohnehin nicht mithalten. Dafür durfte ich anschließend mal wieder mit in ein Restaurant. Chefin und Boss haben „Wild“ gegessen. Ich durfte die Reste probieren. War nicht schlecht, vielleicht ein bisschen zu wenig Piment drin. Jedenfalls sind mir die Wildrezepte vom Boss lieber.
Schließlich waren die Tage in Kaltland vorbei. Tante Kyra wusste es wie immer als erste. Eines Abends sagte sie: „Morgen fahren wir zurück nach Hause, nach Orangenland.“ Und tatsächlich, Chefin und Boss packten so allmählich ihre Sachen wieder in den Bus und in den Smart und dann ging's los. Wenn ich's richtig kapiert habe, mit ein wenig Verspätung, weil alle noch auf den Chefinvater warten mussten, der irgendwo mit seinem Chico unterwegs war. Wir durften die erste Strecke, die – wohin auch sonst – zu einer von Chefin' s Omas ging, im Bus mitfahren. Wahrscheinlich war der Grund der, dass die Chefin Angst davor hatte, ich würde den Smart voll kotzen. Mir ist's, glaub ich, tatsächlich auch schlecht geworden auf dieser Fahrt, aber ich hab soweit ich weiß nicht gekotzt, nur elend gesabbert, so dass Tante Kyra anfing zu mosern. Die muss grad was sagen, wenn die säuft, sabbert sie noch mindestens eine halbe Stunde danach aus dem Maul. Bei der Oma gab's ein schnelles Mittagessen für Chefin und Boss und für uns jeden einen Brocken Schwarzwurst, die wir ganz schnell verschlingen mussten, weil der Boss auch auf sie scharf war. Nun ja, und dann halt das Übliche: Stundenlanges Autofahren, mal durch Regen, mal durch Sonnenschein, über eine endlose Autobahn, dann durch die Berge bis endlich am Brenner, so heißt Kyras Lieblingsrastplatz, Pause gemacht wurde.
Wäre man länger dort, so würde der Platz tatsächlich zum Spielen verlocken. Man könnte richtig toll herumjagen, aber für uns gab's nur ein schnelles Abendessen und eine kurze Verschnaufpause, während Chefin und Boss ein kaltes Vesper aßen, von dem wir leider nichts abbekamen. Die Fahrt ging noch lange weiter und endete erst spät in der Nacht auf irgendeinem Parkplatz. Kyra meinte, der der Platz hieße Catellfranco und sei irgendwo in Italien.
Die Nacht auf diesem Parkplatz war äußerst unruhig. Ständig fuhren fremde Autos heran, hielten ganz in unserer Nähe und irgendwelche Typen schlichen um unsere beiden Autos herum. Tante Kyra meinte, das sei ein typischer Schwulenparkplatz, was auch immer das ist. Wir fuhren jedenfalls früh am Morgen weiter. Zunächst wieder nur öde Autobahn, dafür aber auch keine Übelkeit, schließlich jedoch der turbulente Hafen mit seinen vielen Autos und den großen Schiffen. Wir mussten auch diesmal auf unser Schiff eine Weile warten. In dieser Zeit konnten wir die Hafenanlagen genauer inspizieren. Lara wäre beinahe ins Hafenbecken gesprungen, als sie einem vom Wind bewegten Stück Papier hinterher raste und dieses ins Wasser geweht wurde. Es dauerte aber nicht allzu lange bis das Schiff ankam, ein ansehnlicher Kahn von wirklich imposanter Größe, viel schöner als das Schiff, mit dem wir nach Venedig gefahren waren. Und dann kam das Übliche: Wir durften irgendwann an Bord fahren, hatten schließlich unseren Platz in der Garage, und nun gab es wieder langweiliges Warten bis das Schiff endlich losfuhr und noch langweiligeres Warten bis wir endlich in Orangenland waren.