KÄLTEINDUZIERTES LUNGENÖDEM

Was ist passiert?

B.H., ein 51-jähriger, erfahrener Süßwassertaucher und Rettungstaucher, unternimmt nach knapp halbjähriger Winterpause mit seinem Tauchpartner einen Tauchgang in einem Steinbruchsee. Die Wassertemperatur an der Oberfläche betrug 10°C. Es ist ein sonniger Apriltag. B.H. taucht deshalb in seinem neuen Nasstauchanzug (komplett mit Kopfhaube und Handschuhen), sein Partner im Trockentauchanzug. Der Tauchgang führt zu Beginn bis auf 12 m Tiefe, wegen schlechter Sicht wird dann jedoch langsam wieder bis auf ca. 5 m Tiefe aufgetaucht, da in dieser Tiefe die Sicht gut ist. Die beiden Taucher verständigen sich durch Zeichen zu einer Umrundung des Sees in ca. 5 m Tiefe. Auf halber Strecke signalisiert B.H. Unwohlsein und Atemnot. Kontrollierter Aufstieg zur Oberfläche, B.H. atmet schwer und hustet blutig verfärbten Schleim aus.

B.H. wird vom Tauchpartner zur Einstiegsstelle transportiert, auf dem Weg dorthin bessern sich die Symptome bereits. Es besteht nur noch Hustenreiz. Ein hinzugezogener Arzt hört bei B.H. ein feinblasiges Rasselgeräusch über den Lungen, normale Herztöne, Puls unregelmäßig, 96 Schläge pro Minute. Blutdruck 166/98 mmHg. Trotzdem wird B.H. unter der Verdachtsdiagnose eines Lungenrisses sicherheitshalber ins nächstgelegene Krankenhaus eingewiesen.
Die klinische Untersuchung dort ergibt keinen krankhaften Befund, insbesondere ist der Abhörbefund der Lungen weitgehend unauffällig. Eine Röntgenaufnahme der Lunge zeigt einen fast normalen Befund, der Röntgenologe spricht von einer „allenfalls leichten Verdichtung des Lungengewebes“, kein Hinweis auf einen Pneumothorax, d.h. auf ein Eindringen von Luft zwischen Lungen- und Rippfell. B.H. wird nach Hause entlassen und bleibt beschwerdefrei.
Zur Vorgeschichte von B.H.: seit Jahren leichte Herzrhythmusstörungen, sonst keine ernstliche Erkrankungen, normaler Blutdruck, Nichtraucher, keine früheren Lungenerkrankungen, zum Zeitpunkt des Unfalls und unmittelbar zuvor keinerlei Erkältungszeichen.

Lungenödem, schematisch
Schema zur Entstehung eines Lungenödems

Was kann die Ursache sein für ein derartiges Problem?

"Ein Kälte-induziertes (d.h. durch Kälte ausgelöstes) Lungenödem"

Ein Lungenödem ist eine Flüssigkeitsansammlung im Lungenhohlraum durch Austritt von Gewebsflüssigkeit in diesen Raum. Es gibt viele verschiedene Ursachen für diesen lebensbedrohlichen Zustand. Eine nur wenig bekannte Ursache kann eine abnorme Reaktion des Körpers auf "Kälte" sein.

Was geschieht im Körper?

  • durch Kälteeinfluss verengen sich Blutgefäße abnorm
  • der Blutdruck steigt an
  • der Blutrückstrom zum Herz ist durch das Eintauchen des Körpers ins Wasser ohnehin erhöht
  • durch die kälteverursachte Verengung von Blutgefäßen muss das Herz erhebliche Mehrarbeit leisten
  • schließlich ist das Herz überfordert, und es folgt der Zusammenbruch der Herzleistung
  • jetzt kommt es zum Lungenödem
  • der Atemwiderstand bei der Einatmung nimmt zu, es entsteht das Gefühl der Atemnot
  • durch Sauerstoffmangel im Gehirn Gefahr der Bewusstlosigkeit

Wann muss an solch ein Krankheitsbild gedacht werden?

  • bei Atemproblemen während eines Kaltwassertauchganges, d. h. bei Atemnot, die nicht durch andere Ursachen erklärbar ist (z.B. versehentlichem Einatmen eines Luft-Wasser-Gemisches)
  • bei Hustenreiz bereits unter Wasser
  • bei blutigem oder schleimigem Auswurf unmittelbar nach dem Tauchgang bzw. unter Wasser
  • wenn sich die Symptome an der Wasseroberfläche bzw. außerhalb des Wassers rasch auch ohne medizinische Hilfe wieder bessern.

Was tun?

  • sicherheitshalber immer ärztliche Untersuchung (natürlich gibt es auch viele andere Ursachen für derartige Symptome!)
  • wenn die Untersuchungsergebnisse in Ordnung sind, daran denken, dass es diese Ursache auch noch gibt und gegebenenfalls auf Tauchgänge im kalten Wasser verzichten.
Logo

ADRESSE
Leopoldstraße 39
72488 Sigmaringen
Deutschland